"7 Fragen an ..." – Das MFThK-Kurzinterview
13. Folge: 7 Fragen an Ulli Roth

Jede Woche erscheint eine Menge neuer für die Theologin und den Theologen interessanter Bücher – es ist schwierig, hier eine Auswahl für die eigene Lektüre zu treffen. Das Münsteraner Forum für Theologie und Kirche möchte in Zukunft bei der Orientierung auf dem Feld der Neuerscheinungen hilfreich sein und hat deshalb eine neue Rubrik gestartet: "7 Fragen an ..." – Das MFThK-Kurzinterview.
In unregelmäßiger Folge werden bekannte und weniger bekannte Autoren von Neuerscheinungen gebeten, sieben Fragen zu beantworten – die ersten sechs Fragen sind immer gleich, die siebte und letzte ist eine individuelle Frage. Inspiriert ist die neue Rubrik von dem Autoren-Interview auf der Homepage des Transcript-Verlages.
Die dreizehnte Folge des MFThK-Kurzinterviews kommt aus der Ortenau. Ulli Roth ist Lehrer für Mathematik, Katholische Religion und Philosophie an einem Gymnasium in Offenburg und hat bei Peter Walter an der Universität Freiburg promoviert und dort auch habilitiert. In der Reihe "Gegenwärtig Glauben Denken" hat er gerade ein Buch über die "Gnadenlehre" veröffentlicht.

1. "Bücher, die die Welt nicht braucht." Warum trifft das auf Ihr Buch nicht zu?

Weil es darin um die Begegnung von Gott und Mensch geht. Kein Buch über das christliche Verständnis von Gnade ist überflüssig - und in einer Zeit, in der kaum mehr dazu gearbeitet wird, erst recht nicht.

2. Welche neuen Perspektiven eröffnet Ihr Buch?

Es ist die eine Grundperspektive: Im heutigen Denken sind die unterschiedlichsten Epochen der Theologie- und Philosophiegeschichte gleichzeitig präsent und verweisen als Ganzes auf die eine biblische Botschaft, die Paulus in das Wort "Gnade" verdichtet hat.
Daneben gibt es viele und vielleicht für manche neue Ideen wie etwa den Bezug von Marx oder Heidegger zum Gnadengedanken oder die herausgehobene Bedeutung, die ich der Philosophie Jean-Luc Marions zum gegenwärtigen Zeitpunkt für die Theologie zuspreche. Ansonsten bekommt hoffentlich für die meisten auch das Alte wieder die Frische des Neuen, wenn etwa auf gut 60 Seiten biblische Theologie in ihrer philosophisch-theologischen Relevanz entwickelt wird.

3. Welche Bedeutung kommt dem Thema in aktuellen theologischen und kirchlichen Debatten zu?

Sowohl von Seiten der Theologie des Lehramts als auch von der universitären Theologie her werden Einzelaspekte aus der Gnadenlehre in den Mittelpunkt der heutigen Reflexion gebracht, die im Gegensatz zueinander zu stehen scheinen. Der Leitspruch von Papst Franziskus "Miserando atque eligendo" wirft heute eher Fragen auf, als eine Antwort zu sein. Eine Theologie, die von einem bestimmten Verständnis der menschlichen Freiheit ausgeht, vermag mit dieser klassischen Vätertheologie oft wenig anzufangen. Mein Buch analysiert die Genese dieses Widerstreits und zeigt auf, dass beide Perspektiven in ihrer Weise in dieselbe biblische Botschaft verweisen.

4. Mit wem würden Sie Ihr Buch am liebsten einmal diskutieren?

Mit Otto Hermann Pesch als Kenner der Materie, quasi als Stahlbad.

5. Ihr Buch in einem Satz:

Unser menschliches Denken in Theologie und Philosophie, das gewesene und das heutige, verweist als Ganzes auf die eine Menschenfreundlichkeit des dreifaltigen Gottes, aus dessen Hingabe wir sind und leben.

6. Sie dürfen fünf Bücher auf die sprichwörtliche einsame Insel mitnehmen. Für welche Bücher entscheiden Sie sich?

1) Die Bibel in der Einheitsübersetzung.
2) Die Bibel auf Hebräisch.
3) Die Bibel auf Griechisch.
4) Die alte dänische Familienbibel, die mir in Dänemark anvertraut wurde. Das wäre eigentlich schon genug Programm.
5) Ein Stundenbuch, je nach Aufenthaltsdauer ein kleines oder großes.

7. Wie parieren Sie reduktionistischen Ansätzen in der Gnadentheologie, für die Gnade nichts anderes als ... ist, z.B. eine Chiffre für das Unverfügbare, das unverhofft Gelingende usw.? Anders formuliert: Wie lösen Sie das Belegproblem der Gnadentheologie: Was sind die Belege dafür, dass unser Sprechen von/über die Gnade ein fundamentum in re besitzt?

Seit Menschen an den Gott glauben, spüren sie, daß Gnade Gottes nichts Fiktives meint: "Die Freude an Gott ist unsere Stärke" (Neh 8,8). In dieser Freude zeigt sich, daß wir zur Fülle des Lebens kommen, wenn wir nicht aus uns leben, sondern uns in Gott verankern lassen. Diese Freude ist konkret und keine Chiffre. Ich sehe sie bei meinen Schülern, ob sie nun freudig geistliche Lieder singen oder sich spontan zu einem Dienst für andere bereit erklären.


Münsteraner Forum für Theologie und Kirche (MFThK)