"7 Fragen an ..." – Das MFThK-Kurzinterview
14. Folge: 7 Fragen an Christian Jung

Jede Woche erscheint eine Menge neuer für die Theologin und den Theologen interessanter Bücher – es ist schwierig, hier eine Auswahl für die eigene Lektüre zu treffen. Das Münsteraner Forum für Theologie und Kirche möchte in Zukunft bei der Orientierung auf dem Feld der Neuerscheinungen hilfreich sein und hat deshalb eine neue Rubrik gestartet: "7 Fragen an ..." – Das MFThK-Kurzinterview.
In unregelmäßiger Folge werden bekannte und weniger bekannte Autoren von Neuerscheinungen gebeten, sieben Fragen zu beantworten – die ersten sechs Fragen sind immer gleich, die siebte und letzte ist eine individuelle Frage. Inspiriert ist die neue Rubrik von dem Autoren-Interview auf der Homepage des Transcript-Verlages.
Die vierzehnte Folge des MFThK-Kurzinterviews kommt aus Uckerath, einer Gemeinde im Westerwald, die durch den Uckerather Kanzelmord bekannt ist. Hier ist Christian Jung als Pfarrer tätig. Er hat evangelische Theologie in Marburg und Bonn studiert. In Bonn fand er in Günter Bader seinen theologischen Lehrer. Seine bei Philipp Stoellger an der Universität Rostock eingereichte Dissertation ist gerade unter dem Titel Die Sprache im Werk Friedrich Nietzsches – Eine Studie zu ihrer Bedeutung für eine Theologie jenseits von Theologie erschienen.

1. "Bücher, die die Welt nicht braucht." Warum trifft das auf Ihr Buch nicht zu?

Die langweiligsten Bücher sind doch diejenigen, die von der Welt gebraucht werden. M.E. ist ein Buch umso 'wertvoller', umso mehr es sich dem Gebrauch der Welt entzieht, umso mehr es gerade das, was die Welt einfordert, untergräbt. Denn nur auf diesem Weg lernen wir für Augenblicke hinter die Fassade der Welt zu schauen. Vielleicht kann mein Buch zu diesem Zweck einen kleinen und bescheidenen Beitrag leisten?

2. Welche neuen Perspektiven eröffnet Ihr Buch?

Das Buch liefert einen umfangreichen Einblick in das Denken Nietzsches, insbesondere in seinen Aufsatz "Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne". Im Zuge dessen wird gezeigt, dass Nietzsches Religions- und Christentumskritik letztlich sprachphilosophisch motiviert ist. Zudem wird das fundamentaltheologische Konzept einer Tanzenden Theologie vorgestellt.

3. Welche Bedeutung kommt dem Thema in aktuellen theologischen und kirchlichen Debatten zu?

Innerhalb des Buches wird im Anschluss an Nietzsche gezeigt, dass all unser Debattieren immer schon von Ermächtigungsstrategien durchdrungen ist. Nicht zuletzt im theologischen Kontext wird häufig – verborgen unter dem Deckmantel ‚wissenschaftlicher Redlichkeit‘ – gewaltsam kommuniziert. Dem entgegen wird im Schlusskapitel des Buches ein außermoralisches, ein tanzendes Theologisieren vorgeführt. Aus kirchlicher Perspektive könnte das Buch interessante Anstöße für den ökumenischen Dialog liefern.

4. Mit wem würden Sie Ihr Buch am liebsten einmal diskutieren?

Mit Nietzsche ... aber der ist ja bereits jenseits von gut und böse.

5. Ihr Buch in einem Satz:

Die Gottesbegegnung, die Begegnung mit dem abgrundtief Fremden, zwingt uns zur Sprache. Die Sprache ist unser Beruhigungs- und Ermächtigungsinstrumentarium, um dieser unvordenklichen Traumatisierung von der Klinge zu springen. Interessant wird unser Reden von Gott immer dann, wenn es sich auf den Rückweg ins Zentrum der Beunruhigung begibt.

6. Sie dürfen fünf Bücher auf die sprichwörtliche einsame Insel mitnehmen. Für welche Bücher entscheiden Sie sich?

Da ich entgegen aller wissenschaftlichen Gepflogenheiten so wenig als möglich lese, würde ich folgende Bücher mitnehmen und die entstandene Differenz durch CDs ausgleichen:
- Luther-Bibel
- Heidegger: Was heißt denken
- zur Erholung: ein Schweden-Krimi
- CD 1: Grand General/Grand General
- CD 2: The Sea and Cake/Runner

7. Welche Rolle spielt das Schweigen für eine "Theologie" jenseits von Theologie?

Der Begriff des Schweigens spielt für eine "Theologie" jenseits von Theologie keine Rolle, insofern damit die negativ-theologische Aufforderung verbunden ist, dass Theologinnen und Theologen gänzlich verstummen müssen, um noch angemessen von Gott reden zu können. Im abschließenden Kapitel des Buches geht es vielmehr um ein Schweigen 2. Grades, das sich gerade dadurch ereignet, dass es zu einer überbordenden Vervielfältigung theologischer Stimmen kommt, die sich wechselseitig überlagern, durchkreuzen oder löschen. Das Schweigen einer "Theologie" jenseits von Theologie ist also ein "beredtes Schweigen". Es entsteht durch eine rastlose Vervielfältigung theologischer Positionen.


Münsteraner Forum für Theologie und Kirche (MFThK)