"7 Fragen an ..." – Das MFThK-Kurzinterview
22. Folge: 7 Fragen an Felix Resch

Jede Woche erscheint eine Menge neuer für die Theologin und den Theologen interessanter Bücher – es ist schwierig, hier eine Auswahl für die eigene Lektüre zu treffen. Das Münsteraner Forum für Theologie und Kirche möchte in Zukunft bei der Orientierung auf dem Feld der Neuerscheinungen hilfreich sein und hat deshalb eine neue Rubrik gestartet: "7 Fragen an ..." – Das MFThK-Kurzinterview.
In unregelmäßiger Folge werden bekannte und weniger bekannte Autoren von Neuerscheinungen gebeten, sieben Fragen zu beantworten – die ersten sechs Fragen sind immer gleich, die siebte und letzte ist eine individuelle Frage. Inspiriert ist die neue Rubrik von dem Autoren-Interview auf der Homepage des Transcript-Verlages.
Mit seiner Freiburger Dissertation Triunitas. Die Trinitätsspekulation des Nikolaus von Kues lieferte der inzwischen am Pariser Institut catholique tätige katholische Theologe Felix Resch gerade einen Beitrag zum Cusanusjahr 2014. Hier sind seine Antworten auf die Fragen des MFThK-Kurzinterviews:

1. "Bücher, die die Welt nicht braucht." Warum trifft das auf Ihr Buch nicht zu?

Weil es anhand von Cusanus aufzeigt, dass der christliche Glaube an den dreieinen Gott kein sacrificium intellectus, sondern den spekulativen Höhepunkt einer theologisch inspirierten, jedoch philosophisch argumentierenden Gotteslehre darstellt.

2. Welche neuen Perspektiven eröffnet Ihr Buch?

Es versucht das Verhältnis von absoluter Einheit und trinitarischer Differenzierung Gottes anhand ausgewählter Schriften von Cusanus zu klären. Dabei zeigt sich, dass die affirmativtheologisch-geistmetaphysisch aufgewiesene trinitarische Struktur des göttlichen Geistes mithilfe der negativen Theologie von anthropomorphen Missverständnissen gereinigt wird, um der absoluten Transzendenz Rechnung zu tragen, ohne die trinitarische Struktur selbst in Frage zu stellen.

3. Welche Bedeutung kommt dem Thema in aktuellen theologischen und kirchlichen Debatten zu?

Cusanus' Trinitätslehre, insbesondere sein Konzept des Nicht-Anderen, eröffnet eine Alternative zum modernen Identitäts- und zum postmodernen Differenzdenken. Darüber hinaus bleibt Cusanus v.a. mit seinen interreligiösen Schriften hochaktuell. Im Unterschied zu manchen zeitgenössischen Theologen, insbesondere einigen Vertretern einer oft anthropomorph anmutenden sozialen Trinitätslehre, nimmt er den islamischen Tritheismus-Vorwurf an das Christentum systematisch ernst und versucht ihn philosophisch zu entkräften. Leitgedanke dabei ist, dass zum einen Gott als Unübertreffliches absolut vollkommen ist und zum anderen die relativen Gegensätze der trinitarischen Personen den monotheistischen Charakter des Christentums nicht gefährden, was bei konträren, kontradiktorischen oder privativen Gegensätzen durchaus der Fall wäre. Dass sich der christliche Glaube seines monotheistischen Charakters vergewissern muss, ist nicht nur dem Einfluss metaphysischen Einheitsdenkens, sondern auch seinem jüdischen Erbe geschuldet.

4. Mit wem würden Sie Ihr Buch am liebsten einmal diskutieren?

Mit Cusanus selbst.

5. Ihr Buch in einem Satz:

Der theologisch viel beschworene Primat der Relationalität, der im Trinitätsdogma zum Ausdruck kommt, lässt sich auch im Rahmen einer philosophischen Gotteslehre rekonstruieren.

6. Sie dürfen fünf Bücher auf die sprichwörtliche einsame Insel mitnehmen. Für welche Bücher entscheiden Sie sich?

An sich müssten das Buch der Schrift (Bibel) und das Buch der Welt (Schöpfung) ausreichen. Vermutlich würde ich zusätzlich noch die eine oder andere patristische und mittelalterliche Schrift mitnehmen.

7. Die siebte Frage stammt von dem Mainzer Professor Rudi Ott, der 2009/10 drei Bände Erläuterungen zum Werk 'De docta ignorantia - Die belehrte Unwissenheit' vorlegte:
Ist die cusanische Trinitätsspekulation nur eine philosophisch-theologische Absicherung der christlichen Gotteslehre oder kommt darin auch ein neues Wirklichkeits- und Weltverständnis zum Vorschein?

Da Gott Grund der Wirklichkeit ist, hat eine trinitarische Struktur des Absoluten notwendigerweise auch Konsequenzen für die Wirklichkeit selbst. Das Neue der cusanischen Trinitätsspekulation gegenüber der spätantik-mittelalterlichen Tradition liegt dabei vermutlich primär in der besonderen Akzentuierung der triadischen Struktur der Produktivität des menschlichen Geistes.


Münsteraner Forum für Theologie und Kirche (MFThK)