"7 Fragen an ..." – Das MFThK-Kurzinterview
46. Folge: 7 Fragen an Tillmann Prüfer
anlässlich des Erscheinens seines Buches

Jede Woche erscheint eine Menge neuer für die Theologin und den Theologen interessanter Bücher – es ist schwierig, hier eine Auswahl für die eigene Lektüre zu treffen. Das Münsteraner Forum für Theologie und Kirche möchte in Zukunft bei der Orientierung auf dem Feld der Neuerscheinungen hilfreich sein und hat deshalb eine neue Rubrik gestartet: "7 Fragen an ..." – Das MFThK-Kurzinterview.
In unregelmäßiger Folge werden bekannte und weniger bekannte Autoren von Neuerscheinungen gebeten, sieben Fragen zu beantworten – die ersten sechs Fragen sind immer gleich, die siebte und letzte ist eine individuelle Frage. Inspiriert ist die neue Rubrik von dem Autoren-Interview auf der Homepage des Transcript-Verlages.
Die Fragen der 46. Folge beantwortet der Journalist Tillmann Prüfer von der Wochenzeitung "Die Zeit". Vor kurzem ist sein neues Buch erschienen: Weiß der Himmel ...? Wie ich über die Frage nach Leben und Tod stolperte und plötzlich in der Kirche saß.

1. "Bücher, die die Welt nicht braucht." Warum trifft das auf Ihr Buch nicht zu?

Ich glaube, vielen Menschen geht es ähnlich wie mir. Man glaubt, das Leben im Griff zu haben, die entscheidenden Dinge zu wissen, Erfahrung zu haben und damit für das Leben gewappnet zu sein. So fühlte ich mich jedenfalls. Dann erlitt ich einen fürchterlichen Verlust, ein enger Freund von mir verstarb an einem Gehirntumor. Und plötzlich war jede Gewissheit weg aus meinem Leben, der Boden war mir unter den Füßen weggezogen. Ich spürte, dass ich in meiner Trauer gerne Halt im Glauben hätte. Aber ich spürte diesen Glauben nicht in mir. Also machte ich mich auf die Suche danach. Ich denke auf dieser Reise befindet sich jeder Mensch in gewisser Hinsicht. Jeder hat eine spirituelle Auseinandersetzung in sich. In diesen Sinne habe ich hoffentlich ein Buch geschrieben, mit denen viele etwas anfangen können.

2. Welche neuen Perspektiven eröffnet Ihr Buch?

Ich möchte damit Mut machen, den eigenen Glauben in sich zu nähren, auch wenn er voller Zweifel ist. Und dieser Zweifel genauso in sich zuzulassen, wie das Bedürfnis an mehr zu glauben, als das was man mit den Fingern greifen kann.

3. Welche Bedeutung kommt dem Thema in aktuellen theologischen und kirchlichen Debatten zu?

Die Debatte, die jeder Mensch mit sich (und Gott) führt, ist mir wichtiger als jede theologische oder kirchliche Diskussion. Ich glaube aber, dass die Kirchen neu lernen müssen, sich nicht als über der Gesellschaft schwebende Organismen zu begreifen, sondern als die Gemeinschaft derer, die Gott suchen.

4. Mit wem würden Sie Ihr Buch am liebsten einmal diskutieren?

Mit jedem, der sich ähnliche Fragen stellt, wie ich sie mir gestellt habe. Ich erfahre immer wieder, dass Leute sich freuen, wenn sie sich mit jemanden über ihr Verhältnis zu Gott unterhalten können – ohne das Gefühl zu haben, sich dabei gleich als "gläubig" klassifizieren zu müssen.

5. Ihr Buch in einem Satz:

Glauben ist ein Weg, auf dem wir uns alle treffen.

6. Sie dürfen fünf Bücher auf die sprichwörtliche einsame Insel mitnehmen. Für welche Bücher entscheiden Sie sich?

Wenn es wirklich eine einsame Insel wäre, auf er ich bleiben müsste, fiele mir die Wahl leicht:
1. Überleben ums Verrecken: Das Survival-Handbuch von Rüdiger Nehberg
2. Eine Bibel
3. Zettel's Traum von Arno Schmidt (wollte schon immer Zeit haben, das zu lesen)
4. Ein Gesangbuch (denn singen bringt Freude)
5. Ein Notizbuch

7. Die siebte Frage stammt von der Hamburger Theologin Christine Büchner: Ein Thema Ihres Buches ist das Gebet. Viele Menschen heute können nicht mehr beten, weil sie nicht wahrnehmen, dass Beten die Realität verändert. Da helfen auch theologische Erläuterungen oft wenig. Mystikerinnen und Mystiker der christlichen Tradition haben hervorgehoben: Gott wirkt nicht durch äußere Eingriffe, sondern in uns, und dafür müssen wir ihm auch erst einmal Raum in uns geben. Und das hat dann auch durchaus spürbaren Einfluss auf das eigene Wahrnehmen und Handeln. Was ist für Sie der Sinn des Betens? Wie würden Sie das jemandem erläutern, der Schwierigkeiten hat zu beten? Und verändert Beten Ihres Erachtens die Welt?

Die ersten Worte Jesu im Johannes-Evangelium sind eine Frage: "Was wollt ihr?". Das ist eine gute Frage und es gibt keine leichte Antwort darauf. Das Gebet ist für mich die Zeit am Tag, in der ich mich dieser Frage widmen kann. Was beschäftigt mich gerade, was bedrückt mich? Was will ich? Was ist mein Problem und was wäre die Lösung, um die ich Gott bitten würde? Wir sind heute ständig mit allen möglichen Menschen auf verschiedenen Kanälen verbunden – aber selten sind wir alleine. Das Gebet ist für mich der Raum, in dem ich alleine bin – mit mir und Gott. Ich kann meine, ich kann seine Gegenwart spüren. Das Schöne ist: Jeder kann damit anfangen, ohne dafür an irgendetwas glauben zu müssen. Einfach mal zehn Minuten am Tag in sich selbst versinken – und die Dinge geschehen. Das verändert noch nicht die Welt – aber den Blick auf die Welt.


Münsteraner Forum für Theologie und Kirche (MFThK)