"7 Fragen an ..." – Das MFThK-Kurzinterview
5. Folge: 7 Fragen an Thomas Suermann

Jede Woche erscheint eine Menge neuer für die Theologin und den Theologen interessanter Bücher – es ist schwierig, hier eine Auswahl für die eigene Lektüre zu treffen. Das Münsteraner Forum für Theologie und Kirche möchte in Zukunft bei der Orientierung auf dem Feld der Neuerscheinungen hilfreich sein und hat deshalb eine neue Rubrik gestartet: "7 Fragen an ..." – Das MFThK-Kurzinterview.
In unregelmäßiger Folge werden bekannte und weniger bekannte Autoren von Neuerscheinungen gebeten, sieben Fragen zu beantworten – die ersten sechs Fragen sind immer gleich, die siebte und letzte ist eine individuelle Frage. Inspiriert ist die neue Rubrik von dem Autoren-Interview auf der Homepage des Transcript-Verlages.
In der 5. Folge beantwortet erstmals ein Pastoraltheologe die Fragen des MFThK-Kurzinterviews. Thomas Suermann promovierte im letzten Jahr bei Udo Schmälzle mit der Arbeit "Die Weisen aus dem Wirtschaftsland? Analyse der Zusammenarbeit von katholischen Diözesen und externen betriebswirtschaftlichen Strategieberatungen". Die Untersuchung ist gerade in der Reihe "Wissenschaftliche Schriften der WWU Münster" erschienen. Suermann arbeitet heute als Unternehmensberater in Köln, siehe das Bilderrätsel im Studentenmagazin "Zeit Campus".

1. "Bücher, die die Welt nicht braucht." Warum trifft das auf Ihr Buch nicht zu?

Die Kirche ist keine Kuh, die im Himmel gefüttert und auf Erden gemolken wird. Wie dramatisch eine Finanzkrise für ein Bistum werden kann und wie frühzeitig dagegen gesteuert werden kann - ohne die Gläubigen vor den Kopf zu stoßen - das zeigt das Buch.
Und mit Blick auf die Strukturreformen in fast allen deutschen Diözesen bietet das Buch Beispiele, warum von oben nach unten diktierte Veränderungen unter dem Spardiktat externer Berater genauso erfolglos sein können wie basisdemokratische Aufbrüche ohne Rücksicht auf vorhandene Ressourcen.

2. Welche neuen Perspektiven eröffnet Ihr Buch?

Bei der Zusammenarbeit von wirtschaftlich geprägten Unternehmensberatern und den pastoral denkenden Vertretern der Bistümer prallen zwei Welten aufeinander. Exemplarisch kann gezeigt werden, wie sowohl ökonomisch als auch theologisch nachhaltige Lösungen für zukünftige pastorale Strukturen erarbeitet werden können – und wie dieses nicht klappt.
Daneben liefert das Buch spannende Einblick in die jüngste (Struktur-)Geschichte der Bistümer Aachen, Berlin, Essen, Köln, Mainz und Osnabrück.

3. Welche Bedeutung kommt dem Thema in aktuellen theologischen und kirchlichen Debatten zu?

Partizipation und Transparenz in kirchlichen Entscheidungen und Strukturen werden vielfach gefordert, von Verantwortungsträgern aber auch kritisch betrachtet. Gerade bei wirtschaftlichen Fragen wird aber deutlich, wie entlastend eine unabhängige Finanzaufsicht sein kann und wie wichtig eine umfassende Transparenz über Ressourcen ist, gerade wenn Entscheidungen anstehen, die nicht bei allen Beteiligten auf Gegenliebe stoßen. Unter diesen Bedingungen können Gläubige dann auch stärker in Strukturentwicklungsprozesse eingebunden werden.
Deutlich wird dabei, dass, dass mit aktiver Partizipation auch viel Verantwortung verbunden ist, deren sich die Gläubigen bewusst sein müssen. Ebenso ändert sich dadurch ein bischöfliches Führungsverständnis, in dem bewusst Entscheidungsvollmachten in Hände anderer gelegt werden.

4. Mit wem würden Sie Ihr Buch am liebsten einmal diskutieren?

Gleichzeitig mit zwei Personen von konträrem Verständnis kirchlicher Führungsaufgaben.

5. Ihr Buch in einem Satz:

Schwarze Zahlen sind keine hinreichende Bedingung für nachhaltiges kirchliches Wirken, aber eine notwendige.

6. Sie dürfen fünf Bücher auf die sprichwörtliche einsame Insel mitnehmen. Für welche Bücher entscheiden Sie sich?

(1) Bibel – Mal Zeit haben, auch die Teile zu lesen, um die man immer einen Umweg gemacht hat
(2) Glauben Fragen Denken von Klaus Müller – Siehe oben
(3) Sturz der Titanen Trilogie von Ken Follett – Genug Seiten, damit für lange Zeit keine Langeweile aufkommt
(4) Ein Notizbuch – Vielleicht will ich auch mal Eindrücke festhalten
(5) Survival-Lexikon von Rüdiger Nehberg – Nur von Luft und Lesen kann man ja nicht überleben

7. Was lässt sich aus der Beobachtung von einzelnen Beratungsprozessen für die gesamte deutsche Kirche folgern?

Hinter den vielen leidenschaftlich geführten Diskussionen um den Umgang mit den Finanzkrisen und die beschlossenen Konsequenzen verbirgt sich eine tiefgreifende Identitätskrise in der Kirche. Quer durch die Kirche finden sich unterschiedliche Positionen zu drei zentralen Fragen: Was wollen wir als Kirche? Was zeichnet uns als Kirche aus? Wer sind wir? Solange es keine Einigkeit über die Ziele der Kirche sowie kein gemeinsames Verständnis über die Struktur der Kirche und die Gemeinschaft von Laien und Amtsträgern in ihr gibt, entwickeln sich strukturelle Fragen automatisch zu kirchenpolitischen Gefechten.


Münsteraner Forum für Theologie und Kirche (MFThK)