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Der neue Roman von Antje Rávic Strubel: Blaue Frau

"Mir kommt da dieses Abendlied in den Sinn. Wie ging es noch? Der Wald steht schwarz und schweiget, und aus den Wiesen steiget der weiße Nebel –"
"Claudius. Meine Mutter hat es oft gesungen, wenn ich krank war und sie abends bei mir am Bett saß."
"Ich bin nicht der große Romantiker."
"Und doch weißt du, dass das Lied aus der Zeit der Romantik stammt. Bei der letzten Strophe habe ich mich gegruselt. So legt euch denn ihr Brüder in Gottes Namen nieder, kalt ist der Abendhauch. Und lasst uns ruhig schlafen und unsern kranken Nachbarn auch. Da fehlt was. Aber in Gottes Namen, so ging das."
Sie blieben stehen.
"Wenn ich nicht aufpasse, gruselt es mich heute noch. Nicht das Religiöse. Sondern vielleicht gerade weil wir so ein gottloser Haufen geworden sind. Die Großmutter mütterlicherseits hatte über jedem Bett noch die Kreuze hängen. Draußen die Schwäbische Alb, drinnen die Bibel und der Gekreuzigte. Das ist nicht lange her."


Münsteraner Forum für Theologie und Kirche (MFThK)