Es ist erstaunlich, dass die katholische Publizistik nicht den katholisch-traditionalistischen Hintergrund des Germanisten-Ehepaares Diethelm und Lore Brüggemann ausgeleuchtet hat, als der Film "Kreuzweg" ihres Sohnes Dietrich Brüggemann 2014 in die Kinos kam. Vielleicht, weil die Quellen nicht oder nur zu einem kleinen Teil greifbar sind.
Diethelm Brüggemann war seit 1990 Herausgeber der ein- bis zweimal monatlich im Selbstverlag erscheinenden Zeitschrift "fraktur", die behauptete, "endlich die kompromißlos katholische Zeitung" zu sein. Auf dem Deckblatt stand die Intention der Autoren: "Fraktur stärkt den moralischen Widerstand der Kirche." Chefredakteurin der Zeitschrift scheint Lore Brüggemann gewesen zu sein.
Ihren katholischen Standpunkt definierte die Zeitschrift wie folgt: "Wir sind katholisch, so wie es unsere Vorväter, die Heiligen und die Päpste bis zu Pius XII. waren. Unsere Zeitung steht auf dem Boden der katholischen Lehre der Jahrtausende, wie sie bis zum II. Vatikanischen Konzil (genauer: bis zum Ende des Pontifikates von Papst Pius XII.) verkündet wurde. FRAKTUR lehnt nicht das II. Vatikanum insgesamt ab, sondern diejenigen seiner Aussagen, die mit der Lehre der katholischen Kirche nicht vereinbar sind. Da diese Lehren jedoch häufig mit wahrhaft katholischen Äußerungen verknüpft oder vermischt und daher für den ungebildeten Laien sehr schwer erkennbar sind, steht FRAKTUR auf dem Standpunkt, dass jeder Katholik sämtliche Konzilstexte nebst den aus ihnen abgeleiteten Reformen grundsätzlich mit Skepsis zu betrachten hat. [...] Der Katholik hat die Pflicht, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen: Wenn Aussagen des Konzils mit der von der Kirche seit 2000 Jahren überlieferten göttlichen Lehre nicht zu vereinbaren sind, dann steht der Katholik vor einem Konflikt, den er nur lösen kann, indem er Gott – nämlich der überlieferten Lehre der Kirche – mehr gehorcht als den Menschen – nämlich den im Konzil versammelten Hirten." Vorbereitet wurde die Herausgabe der Zeitung seit Ende der 1980er Jahre "in enger Fühlungnahme" mit Franz Schmidberger, dem Distriktoberen der deutschen Piusbruderschaft.
Aus der Ausgabe vom September 1990 findet man sogar zwei Artikel im Internet, eine Betrachtung über Rockmusik (Das Kürzel L. B. steht vermutlich für Lore Brüggemann) und das "Mahnwort eines Seelsorgers an junge Hausfrauen". 1991 kam es offenbar zu einem Zerwürfnis Schmidbergers mit Brüggemann, so dass die Zeitschrift in finanzielle Nöte geriet. An der gedanklichen Nähe Brüggemanns zur Piusbruderschaft änderte das offenbar wenig. In Brüggemanns Verlag "Edition Fraktur" erschien 1994 Klaus Ritters Buch "Die sogenannte Liturgiereform. Eine kritische Auseinandersetzung", versehen mit einem Nachwort von Brüggemann. In einer Fußnote seines 2004 erschienenen Buches "Kleist. Die Magie" hielt Brüggemann fest, "wie sehr die Liturgie der Katholischen Kirche durch die als Folge des II. Vatikanums durchgeführte Liturgiereform an Gebräuche der Freimaurerei angepaßt wurde." Die Zeitschrift "fraktur" wurde im Januar 1996 eingestellt. Nachfolger war offenbar der im "Verlag Dr. D. Brüggemann" erscheinende "Prisma-Infodienst – Internationaler Nachrichtendienst für Politik und Kirche", als dessen Herausgeber Brüggemann bis zur letzten Ausgabe im Juni 1999 fungierte. Brüggemann warb mit folgenden Worten für seine Zeitschrift: "Jetzt gibt es einen kritischen, unabhängigen Nachrichtendienst, der sich zum Ziel gesetzt hat, das Knäuel aus Information und Desinformation in den Medien zu entwirren, den Prisma Infodienst! [...] Außerdem hat sich der Prisma Infodienst zum Ziel gesetzt, das Bewußtsein für die Maßstäbe wachzuhalten, die [...] seit Jahrhunderten die Gesittung des Abendlandes geprägt haben: die der Katholischen Kirche, der einzigartigen Lehrmeisterin der Menschheit. Wir fühlen uns in diesem Bemühen vor allem dem Erbe Dietrich von Hildebrands verpflichtet."
Vor dem Hintergrund dieser Aussagen ist es überraschend, dass Brüggemanns Tochter in einem Interview über den Film "Kreuzweg" sagte, ihr Vater hätte die Piusbruderschaft "nur ein paar Monate" interessant gefunden.
Diethelm Brüggemann starb 2015. Lore Brüggemann unterstützt heute an der Seite ihres Sohnes Dietrich die bereits seit Mai 2020 gegen die Anti-Corona-Maßnahmen demonstrierende Initiative 1bis19. Dietrich Brüggemann, einer der Köpfe hinter der Aktion #allesdichtmachen und Komponist des Liedes "in den a.", bekannte, er suche sich seine Informationen zur Corona-Pandemie "irgendwie in alternativen Medien" zusammen. "Alternative Medien" – das war die Mission seiner Eltern in den 1990er Jahren.