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Zum Tod von Gerd Ruge

In seinem Buch "Unterwegs: Politische Erinnerungen" (2013) schilderte Gerd Ruge den Anfang seiner journalistischen Karriere:
Durch einen Zufall kam ich in Kontakt mit Axel Eggebrecht, einem Rundfunkmann der ersten Stunde, der für den Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR), die Rundfunkanstalt in der britischen Besatzungszone, arbeitete. Ich hatte in einem evangelischen Jugendzentrum an einem Gespräch über "Religion heute" teilgenommen und mit meinen Äußerungen über die Rolle der Kirchen im Nazireich Ärgernis erregt. Besonders mutig und bibeltreu hätten die Kirchen sich ja nicht gezeigt, hatte ich gesagt. Danach lud mich Axel Eggebrecht erneut zu einer Diskussion ein, und die Jugendredaktion schickte mich manchmal zu kleinen Reportagen aus. [...]

Ruge erzählte ferner:
Schließlich wollte ich auch einmal eine Glosse für die tägliche Sendung Echo des Tages schreiben. Das wäre Anfang 1947 beinahe meine letzte Arbeit für den Rundfunk geworden. Ein älterer Kollege hatte mir vorgeschlagen - vielleicht um mich hereinzulegen -, ein kleines Stück über "Demontagen und Reparationen im Alten Testament" zu machen, also darüber, wie man schon in biblischer Zeit mit besiegten Gegnern umging. Das Thema war hochaktuell und gefährlich aufgeladen [...] Jung und naiv war ich in ein Wespennest gestiegen. Einer der britischen Kontrolloffiziere vermutete hinter meinem Beitrag neonazistische oder nationalistische Propaganda. [...]

Über seine Jugend schrieb Ruge:
Ich [...] hatte, als ich ungefähr vierzehn war, das Vertrauen zum Pastor unserer Kirche wegen seiner unkritischen Haltung zum Nationalsozialismus verloren und beschlossen, mich nicht konfirmieren zu lassen. Atheismus kam mir allerdings auch sehr fremd vor. Der Deutschlehrer empfahl mir, in der Bibliothek die Bücher über Gottgläubigkeit zu lesen, eine Art Ersatzreligion mit vielen nordischen Göttern und pseudoreligiösen Versatzstücken. Mir erschien das wie eine leere Geste, aber endgültig abgeschreckt wurde ich durch ein "Gottesbekenntnis", von dem mir bis heute ein Satz im Gedächtnis geblieben ist: "Dass das Ross rennt, ist Gott." Dieses künstlich nordische Pathos ging mir unmittelbar auf den Geist, und auf den Rat der beiden Erzieherinnen hin ließ ich mich am Ende doch konfirmieren.


Münsteraner Forum für Theologie und Kirche (MFThK)