Beobachtungen und Kommentare von Jan Jessen

10. Februar 2025
Dieses Bild ist eines, das wirklich gruselig ist. Es zeigt Donald Trump beim gemeinsamen Gebet mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Weißen Haus. Aber was heißt schon gemeinsam – der Bildaufbau spricht eine klare Sprache. Es wirkt, als beteten die Menschen um Trump nicht Gott an, sondern ihn. Genauso scheint sich dieser Mann zu fühlen. Als Auserwählter, mindestens als Halbgott. Zu einem christlichen Gott können diese Leute sowieso nicht beten.
Christus hat Selbstlosigkeit, Barmherzigkeit und Nächstenliebe gepredigt. Für nichts davon steht Trump. Er lässt Migranten deportieren, will Strafgefangene in Monstergefängnisse in El Salvador outsourcen und den Gazastreifen ethnisch säubern lassen. Er will in der Welt das Gesetz des Dschungels salonfähig machen, in dem die Stärksten und Brutalsten überleben, und er will den Reichen noch mehr Reichtum bescheren – und die Ärmsten dafür bluten lassen.
Dazu passt eine Mitteilung des Norwegian Refugee Councils, einer Organisation, die weltweit operiert und wie viele andere NGOs jetzt hart vom abrupten Stopp der US-Auslandshilfe getroffen worden ist. Das NRC hat jetzt die Verteilung von Nothilfe an 57.000 Menschen in Gemeinden an der ukrainischen Frontlinie stoppen müssen. „Dies geschah genau zu dem Zeitpunkt, als der Winter voll ausbrach und die Menschen ihre Häuser nicht mehr heizen und keinen Zugang zu lebenswichtigen Gütern wie Lebensmitteln haben.“ Das Organisation musste Hilfskräfte auf der ganzen Welt entlassen, „darunter auch weibliche und männliche Mitarbeiter in Afghanistan, die die lebensrettende Wirkung für Mädchen, Frauen und Familien aufrechterhalten“.
Eigentlich hatte das US-Außenministerium angekündigt, lebensrettende humanitäre Projekte weiter finanzieren zu wollen. Aber das NRC steckt jetzt in einer akuten Liquiditätskrise, weil ein Millionenbetrag der US-Regierung offensteht. „Ohne eine sofortige Lösung könnten wir Ende Februar gezwungen sein, die von den USA finanzierten lebensrettenden humanitären Programme einzustellen.“ Betroffen wären 300.000 Menschen in der Stadt Djibo in Burkina-Faso, die das NRC mit sauberem Wasser versorgt, oder Menschen im kriegszerütteten Sudan, wo die Organisation 500 Bäckereien unterstützt.
Gott schütze Amerika – vor Trump
Quelle: https://www.facebook.com/jan.jessen2/posts/pfbid0XwqEZ7W8NQwmAPKoZgo6PppFa9fcXBn2rqncULoYmoT7YZtxerykccjieybDWv92l

7. Januar 2025
Noch mehr gute Nachrichten für Putin und seine Freundinnen und Freunde: Mark Zuckerberg hat angekündigt, auf Facebook wieder "freie Meinungsäußerung" zuzulassen und das Faktenchecking abzuschaffen. Heißt: Facebook wird sich wie X zu einem Sumpf entwickeln, aus dem Schwurbelkram und rechte Hetze blubbern dürfen. Es ist bizarr, wie derzeit alle vor Trump in die Knie gehen.

22. Dezember 2024
Es ist schon bemerkenswert, wie sehr nach dem fürchterlichen Attentat von Magdeburg rechte und islamkritische Kreise versuchen, es irgendwie so hinzubiegen, dass der Täter nicht von ihrer Gedankenwelt durchdrungen war. Überall raunt es: Taqiya, sprich: die Erlaubnis im schiitischen Islam, im Feindesland seinen Glauben zu verheimlichen.
Heißt: Der Fünffach-Mörder habe sich nur als Islamhasser präsentiert, sei aber in Wirklichkeit ein Islamist, ergo die Tat auch als eine islamistische einzustufen.
Das ist wirklich einfach dummes Zeug. Falls Taleb al-Abuldmohsen wirklich ein glühender Islamist auf einer Mordmission gewesen wäre, hätte er wohl kaum fast zwanzig Jahre gewartet, um sie in die Tat umzusetzen – warum auch?
Der Mann hat sich in den vergangenen Jahren ausweislich seines Twitter-Accounts einfach immer tiefer in einen Wahn hineingesteigert, gespeist auch aus rechtsextremen Quellen. Er ist ein Fan der AfD und war der Meinung, die Behörden sähen der „Islamisierung“ Deutschlands tatenlos zu. Er fühlte sich ungehört und verfolgt.
Und ja, auch Menschen mit migrantischen Wurzeln können rechtsextrem denken – man denke nur an die „Grauen Wölfe“, eine der größten rechtsextremen Gruppierungen in Deutschland. Nach dem Anschlag in Solingen habe ich mit mehreren Menschen mit Zuwanderungsgeschichte gesprochen, die sich als Fans der AfD outeten. Schwer nachzuvollziehen, aber Realität.
Also etwas, was viele Rechte aber auch Linke einfach nicht akzeptieren wollen, weil es nicht in die üblichen Schubladen passt. Man muss, um die Wirklichkeit verstehen zu können, Widersprüchlichkeiten aushalten können. So einfach ist das.
Quelle: https://www.facebook.com/jan.jessen2/posts/pfbid0EN8usZuLLu9BEqBrQLagTxVHiFsW166Yq4BwfmfgMSLhaTeyt9PQLBUQbU4wMoQXl

21. Dezember 2024
Mittlerweile (Stand: Samstag, 13 Uhr) ist die Zahl der Toten bei dem Anschlag in Magdeburg auf fünf angestiegen. Die Zahl der Verletzten wird mit über 200 beziffert. Es ist grauenhaft und tragisch. Viele der Anschläge der jüngeren Vergangenheit haben ähnliche Muster.
Ob die rechtsextrem motivierten wie München (2016, neun Tote), Halle (2019, zwei Tote), Hanau (2020, zehn Tote) und - mutmaßlich - Magdeburg oder die islamistisch motivierten wie Mannheim (2024, ein Toter) und Solingen (2024, drei Tote): Alle Täter waren Männer. Alle Täter haben sich allein und unbemerkt radikalisiert, angestachelt von im Internet wucherndem Hass, Hetze, und Verschwörungswahn.
Sowohl Rechtsextremismus als auch Islamismus – beides Kehrseiten einer Medaille – befördern krankhafte Männlichkeit (Zitat Björn Höcke: „Nur, wenn wir mannhaft werden, werden wir wehrhaft“) und animieren Männer „zur Tat“ zu schreiten, um irgendwas gegen irgendwen zu verteidigen. Dieser Männlichkeitswahn sollte m.E. auch mal Untersuchungsgegenstand werden.
Und das Internet? Ich habe früher gedacht, es sei das beste Instrument für die basisdemokratische Veränderung einer Gesellschaft, weil theoretisch jeder Mensch Zugang zu faktenbasierten Informationen bekommen und sich darüber mit anderen Menschen im weiterführenden Diskurs austauschen kann. Tatsächlich ist es viel zu oft eine Jauchegrube, in der der Wahnsinn gärt, und die Waffe, mit der gesellschaftlicher Frieden und Zusammenhalt zerschlagen werden. Ich habe keine Ahnung, wie das zurückzudrehen ist.
Aber Magdeburg wird ganz sicher nicht der letzte Anschlag eines Mannes sein, der sich allein und im Netz radikalisiert hat.
Quelle: https://www.facebook.com/jan.jessen2/posts/pfbid0d6rDEnKxQXtzzx2zGoKSoWpNV2CoiJWj5R5cTTY2GP4ZQoWwZeoDELPsfeD18xAXl

(Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von Jan Jessen)


Münsteraner Forum für Theologie und Kirche (MFThK)