"7 Fragen an ..." – Das MFThK-Kurzinterview
11. Folge: 7 Fragen an Paul Galles

Jede Woche erscheint eine Menge neuer für die Theologin und den Theologen interessanter Bücher – es ist schwierig, hier eine Auswahl für die eigene Lektüre zu treffen. Das Münsteraner Forum für Theologie und Kirche möchte in Zukunft bei der Orientierung auf dem Feld der Neuerscheinungen hilfreich sein und hat deshalb eine neue Rubrik gestartet: "7 Fragen an ..." – Das MFThK-Kurzinterview.
In unregelmäßiger Folge werden bekannte und weniger bekannte Autoren von Neuerscheinungen gebeten, sieben Fragen zu beantworten – die ersten sechs Fragen sind immer gleich, die siebte und letzte ist eine individuelle Frage. Inspiriert ist die neue Rubrik von dem Autoren-Interview auf der Homepage des Transcript-Verlages.
Die neue Folge des MFThK-Kurzinterviews kommt zum ersten Mal aus Luxemburg. Der Luxemburger Paul Galles ist Projektleiter für "Young Caritas Luxemburg", das Jugendfreiwilligenprojekt von Caritas Luxemburg. Er hat in Rom katholische Theologie studiert und bei Elmar Salmann OSB über "Situation und Botschaft. Die soteriologische Vermittlung von Anthropologie und Christologie in den offenen Denkformen von Paul Tillich und Walter Kasper" promoviert.

1. "Bücher, die die Welt nicht braucht." Warum trifft das auf Ihr Buch nicht zu?

Weil die Welt noch nichts von meinem Buch weiss. ☺

2. Welche neuen Perspektiven eröffnet Ihr Buch?

Es eröffnet die sich eher selten bietende Möglichkeit, dass jemand, der jahrelang in der konkreten Seelsorge und Pastoral vor allem mit den Jugendlichen gelebt hat, auf eine theologisch fundierte und philosophisch abgesicherte Weise nachfragt, wie Erlösung heute verstanden werden kann, ohne als gefährliche Kategorie erlebt zu werden, die den Menschen Angst um ihre Freiheit macht. Glaube wird in der Gesellschaft nicht als reflektiertes Phänomen wahrgenommen, sondern als emotionales Erlebnis. Emotional sind oft schon viele Zugänge verbaut, ehe ein Nachdenken über den Glauben an Gott überhaupt anfangen kann. Dieses Buch nimmt diese Phänomenologie ernst und versucht und sucht trotzdem eine Antwort.

3. Welche Bedeutung kommt dem Thema in aktuellen theologischen und kirchlichen Debatten zu?

Während die Theologie das Thema der Erlösung mehr und mehr als zentrales Anliegen wiederentdeckt, drehen sich kirchliche Debatten leider meistens im Modus einer Nabelschau um die eigene Irrelevanz in der heutigen Welt. Günstigerweise lässt sich die Theologie davon nicht beeindrucken und beginnt, sich weniger um die kirchliche Zugehörigkeit der Menschen zu kümmern als vielmehr um die Möglichkeit einer Gottesbegegnung. Letzteres geht ersterem voraus. Deswegen liegt die heutige Soteriologie nach meiner Einschätzung richtig. Kasper und Tillich bieten außerdem einen der heutigen Welt angemessenen Weg, Christus ins Spiel zu bringen: nicht hegelianisch-deduktiv oder positivistisch, sondern eigentümlich indirekt als einladendes Motiv, als Begegnungs- und Dialogfigur auf dem gemeinsamen Grund geschichtlicher Existenz, als Integrationsfigur menschlicher Ambivalenz.

4. Mit wem würden Sie Ihr Buch am liebsten einmal diskutieren?

Mit der älteren Dame, die im gleichen Tante-Emma-Laden einkauft wie ich und die ich ab und zu in einer der hinteren Kirchenbänke sehe. Mich beeindruckt immer noch die Aussage meines Professors an der Gregoriana in Rom, der uns anhand einer Reflexion über die Trinität nachwies, dass es von unerträglicher Überheblichkeit sei, wenn wir Theologiestudenten auch nur ansatzweise der Meinung wären, unser Glaube wäre besser, stärker oder sicherer als der einer Oma, die jeden Tag in der Kirche den Rosenkranz betet.

5. Ihr Buch in einem Satz:

Geistesgeschichtlich stehen wir unter dem nicht enden wollenden Einfluss der anthropologischen Wende, die offenbar Gott den letzten Überrest an Legitimität nimmt; zwei deutsche Theologen der Neuzeit, der Lutheraner Paul Tillich und der Katholik Walter Kasper, haben es mit einem kunstvollen Rückgriff auf die geniale "positive Philosophie" Schellings und durch Einarbeitung des breiten Spektrums der theologischen und philosophischen Tradition geschafft, die dramatische Kategorie der Erlösung für den neuzeitlichen Menschen plausibel zu machen.

6. Sie dürfen fünf Bücher auf die sprichwörtliche einsame Insel mitnehmen. Für welche Bücher entscheiden Sie sich?

1) Ein Kochbuch für Extremsituationen
2) Hans Conrad Zander : Als Religion noch nicht langweilig war
3) Gottfried Bachl: Der schwierige Jesus
4) Mitch Albom: Dienstags bei Morrie
5) Definitiv die Bibel!

7. Ihre Lieblingszitate von Paul Tillich und Walter Kasper?

Paul Tillich: "Bilder, Gedichte und Musik können Gegenstand der Theologie werden, nicht unter dem Gesichtspunkt ihrer ästhetischen Form, sondern im Hinblick auf ihre Fähigkeit, durch ihre ästhetische Form gewisse Aspekte dessen auszudrücken, was uns unbedingt angeht." (Systematische Theologie I, Seite 21)
Walter Kasper: "Die je grössere Einheit mit Gott bedeutet je grösseren Eigenstand des Menschen." (Jesus der Christus, Seite 295)


Münsteraner Forum für Theologie und Kirche (MFThK)