Ergänzungen? Hinweise an
webmaster(x)theologie-und-kirche.de

Der neue Roman von Ronja von Rönne

Der Alltag ist mit dem Tod nicht so entfernt verwandt, wie es einen der Alltag glauben ließ. Cousins ersten Grades, mindestens.

Das Leben gewann mit dem Alter wahrlich nicht an Glamour.

Manchmal, sehr selten, oder wenn man Glück hat, einige Male im Leben, trifft man jemanden, der plötzlich viel mehr als "jemand" wird. Der, ohne dass man dem je zugestimmt hat, innerhalb von Sekunden zu so etwas wie "allem" wird.

Nicht wissen, was als Nächstes kommt, Quintessenz des Menschseins. Weil die eigene Spezies während der Evolution einen Moment lang nicht aufgepasst hatte, hatte sie sich versehentlich nicht zu einem hochbegabten Affen entwickelt, sondern zu einem verunsicherten Menschen: ein ziemlich kahles Säugetier, das im Gegensatz zu seinen Vorfahren echt schlecht klettern konnte, aber dafür sehr gut darin war, sich vor allem Möglichen zu fürchten. Sogar vor Dingen, die noch gar nicht da waren und wahrscheinlich nie passieren würden. Das Bewusstsein, das bescheuertste Talent, das die Natur hervorgebracht hatte.

Warum sich an eine Welt klammern, die bevölkert war von Feiglingen, die lieber den Rückwärtsgang einlegten, anstatt auch nur einen Gedanken an andere zu verschwenden. Diese automatisierte Abwesenheit von Empathie und Zivilcourage, die Weigerung, Mensch zu sein, machte sie rasend. Die Depression tat ihr übriges, um ihren Gefühlen eine fatalistische Note zu verleihen und jeglichen naiven Glauben an so etwas wie das Gute endgültig auszulöschen. Die Gründe, warum Menschen sich von Brücken stürzten, zu viele Schlaftabletten nahmen, auf Eisenbahnschienen auf den nächsten ICE warteten, waren so nachvollziehbar. Warum weitermachen wollen in einer Welt, in der eigentlich niemanden interessierte, ob man weitermachte.


Münsteraner Forum für Theologie und Kirche (MFThK)